Wir schauen hin! Wir dulden keine sexuelle Ausbeutung, keinen Missbrauch und keine anderen Grenzverletzungen.

10 Grundsätze

Die Charta umfasst 10 Grundsätze, welche die vier Themenbereiche Präventionskonzepte, Stärkung der Personen mit Unterstützungsbedarf, Schlüsselrolle der Mitarbeitenden sowie Einrichtung einer internen Meldestelle und externen Ombudsstelle betreffen. Die Grundsätze gelten für alle Personen, die in Institutionen oder Organisationen tätig sind oder von ihnen betreut werden.

Die unterzeichnenden Verbände, Institutionen und Organisationen bekennen sich zu den folgenden Grundsätzen zur Prävention1 von sexueller Ausbeutung, Missbrauch und anderen Grenzverletzungen. Die Grundsätze gelten für alle Personen, die in unseren Institutionen und Organisationen tätig sind oder betreut werden.

Präventions- und Interventionskonzept

Unsere Institutionen und Organisationen verfügen über Konzepte zur Prävention sexueller Ausbeutung, Missbrauch und anderen Grenzverletzungen. Wir tragen mit interner und externer Kommunikation dazu bei, die notwendige Sensibilität hoch zu halten. Dazu gehört, dass alle Beteiligten mit den Konzepten und dem Verhaltenskodex vertraut sind.

Das Vorgehen bei einem Verdacht oder einem Fall von sexueller Ausbeutung, Missbrauch und anderen Grenzverletzungen ist geregelt und allen Mitarbeitenden, den begleiteten und betreuten Personen sowie den Angehörigen bekannt. Entscheide darin werden in einem internen Krisenstab mit externer unbefangener Begleitung gefällt. Jedem Verdacht wird nachgegangen (Null-Toleranz-Politik).

Schlüsselrolle der Leitung und Mitarbeitenden

Bei der Personalgewinnung und -auswahl ist gründlich und achtsam vorzugehen. Die Einreichung eines Sonderprivatauszugs und/oder Privatauszugs ist Anstellungsvoraussetzung für Mitarbeitende2, die in direktem Kontakt mit Personen mit besonderem Unterstützungsbedarf stehen. Die Arbeitgebenden prüfen die Zeugnisse sorgfältig (Vollständigkeit) und holen vor der Anstellung Referenzen ein, welche auch zum Umgang mit Nähe und Distanz Auskunft geben.

Bei der Anstellung unterschreiben die neuen Mitarbeitenden unserer Institutionen und Organisationen einen Verhaltenskodex. Darin verpflichten sie sich, Nähe und Distanz bzw. Risikosituationen im Alltag rollenklar, sorgfältig und transparent zu gestalten und aktiv an der Realisierung der Null-Toleranz-Politik in Bezug auf sexualisierte Gewalt zu beteiligen sowie Verdachtsfälle zu melden. Sie anerkennen das Präventions- und Interventionskonzept als Teil des Arbeitsvertrags.

In unseren Institutionen und Organisationen wird eine Kultur des aufmerksamen Hinschauens und der Transparenz gepflegt. Wir trennen uns von Mitarbeitenden, welche sich dieser Kultur entziehen oder widersetzen.

Wir führen regelmässig Weiterbildungen zum Thema «sexuelle Ausbeutung, Missbrauch und andere Grenzverletzungen» durch und bieten diese allen Mitarbeitenden (inkl. Freiwilligen) an, die sich in unseren Institutionen und Organisationen engagieren.

Wir verfassen wahrheitsgetreue, vollständige Zeugnisse und Einsatzbestätigungen und geben ebensolche Referenzauskünfte.

1Die Verantwortung, sich aktiv für die Prävention einzusetzen, basiert auf der Kinderrechtskonvention und Behindertenrechtskonvention der UNO, der Lanzarote-Konvention und der Istanbul-Konvention, welche alle von der Schweiz ratifiziert wurden.
2Unter Berücksichtigung der Verhältnismässigkeit bei einmaligen Kurzeinsätzen insbesondere bei freiwilligen Mitarbeitenden.

Interne Meldestelle und externe Fachstelle

In unseren Institutionen und Organisationen gibt es eine interne, niederschwellige Meldestelle mit einer fachlich kompetenten Ansprechperson, deren Auftrag (als Teil des Präventionskonzeptes) den Mitarbeitenden, den Personen mit besonderem Unterstützungsbedarf sowie den gesetzlichen Vertretungen und Angehörigen bekannt ist und eine geklärte Schnittstelle zur Leitung bzw. zum internen Krisenstab aufweist. Ebenfalls haben alle Personen die Möglichkeit, sich an eine externe Stelle zu wenden.

Stärkung der Personen mit besonderem Unterstützungsbedarf

Die Förderung der Selbstkompetenzen der Personen mit besonderem Unterstützungsbedarf in unseren Institutionen und Organisationen nimmt in Bezug auf den Umgang mit Nähe und Distanz, auf das Setzen von Grenzen sowie auf die eigene Sexualität einen hohen Stellenwert ein. Sie werden unterstützt, Grenzverletzungen und Verletzungen ihrer Integrität zu erkennen, sich dagegen zur Wehr zu setzen und diese zu melden.

Insbesondere Personen mit hoher Abhängigkeit von Betreuung und Unterstützung sind in diese Förderung einbezogen und werden ihren Möglichkeiten entsprechend befähigt, Abwehr zum Ausdruck zu bringen und Grenzverletzungen zu signalisieren. Bei dieser besonders gefährdeten Personengruppe ziehen wir das persönliche Umfeld (Angehörige, Bezugspersonen) in die Präventionsarbeit mit ein.

Verbandsübergreifende Arbeitsgruppe Prävention Bern, 25. November 2011, aktualisiert im November 2022